Der Ex-Openwater- und österreichische Eliteschwimmer Matthias Schweinzer meldet sich knapp 3 Jahre nach dem Beenden seiner Schwimmkarriere zurück und OpenWaterSchwimmen.com hat ihn exklusiv getroffen. Der sympathische Ex-Profi plauderte erfrischend offen mit uns über seinen Rücktritt, Eindrücke und mögliche Ausblicke.
Lieber Matthias, du bist nun offiziell seit fast 3 Jahren weg vom Fenster der Openwater- und Schwimmszene. Was passierte nach deinem Karriereende?
Ich habe mich 2016 entschieden, meine Schwimmkarriere nach fünf EM- und einer WM-Teilnahme zu beenden. Für mich war klar, dass ich nicht ewig schwimmen kann und wollte außerdem von meinem Trainingstützpunkt Magdeburg, Deutschland (Anmerkung der Redaktion: Hier handelt es sich um einen Olympiastützpunkt mit Stars wie Florian Wellbrock, Franziska Hentke und Rob Muffels) wieder zurück nach Österreich. Ich habe dann mit meinem Studium Master Management an der Wirtschaftsuniversität in Wien begonnen, das ich mittlerweile erfolgreich abgeschlossen habe. 2017 habe ich noch abtrainiert, um meinem Körper genügend Zeit zu geben, sich an die neuen Umstände zu gewöhnen. Danach war ich eigentlich nicht mehr im Wasser, sondern eher am Beckenrand/Seeufer zu finden. Seit Oktober 2018 arbeite ich bei Ernst & Young als Unternehmensberater und mein Trainingspensum hat sich nicht gerade erhöht- man sieht es an meinem Schwimmpensionisten-Speck! (lacht).
Hast du den Schwimmsport nicht vermisst?
Um ehrlich zu sein, eher nicht. Ich war 20 Jahre verrückt danach, sonst steht man standardmäßige Trainingswochen mit 80km Umfang, all die Entbehrungen und den Leistungsdruck als Profisportler oder Profisportlerin auch nicht durch. Danach war bei mir die „Flasche“ sozusagen „leer“. Meine Zielsetzungen waren weg und mein Körper und Geist brauchten ein wenig Abstand. Aber langsam kitzelt mich wieder der Gedanke, ein wenig mehr ins Wasser zu steigen!
Wir haben von einem eventuellen Comeback im Sommer gehört! Kannst du uns darüber bereits offiziell mehr erzählen?
Ich weiß nicht, ob man hier wirklich von einem großen Comeback sprechen kann, meine Profikarriere ist definitiv vorbei. Ich will und werde mein altes Leistungsniveau auch nicht mehr erreichen. Dafür ist mir der Aufwand einfach zu groß. Selbst mit der berühmten Pareto Formel 20/80 (Anmerkung: 20% des nötigen Trainings ermöglichen 80% der Leistung) sind mir zu viel- ich habe eindeutig keine Zeit mehr, rund 16km in der Woche zu schwimmen. Die Prioritäten liegen zurzeit in anderen Bereichen. Es ist aber definitiv wieder Zeit, mehr Sport zu betreiben und das werde ich tun!
Ich habe als Profisportler versucht, meine Zielsetzungen und meine Motivation immer auf mehrere Säulen aufzubauen. Spaß am Schwimmen zu haben ist natürlich sehr wichtig, jedoch gibt es einfach Tage, an denen Schwimmen keinen Spaß macht oder man lieber ins Kino will und dann funktioniert das ganze System einfach nicht. Ich habe genug Sportler/innen gesehen, die nur eine Motivationsquelle hatten und sie nach deren Wegfall sehr schnell mit dem Schwimmen aufgehört haben.
Deswegen pushe ich mich auf mehrfache Weise: Eine Motivationsquelle ist, dass ich bis September den halben Schwimmpensionisten-Speck (Matthias deutet auf seinen Bauch) verlieren möchte. Das entspricht ca. 5 Kilogramm.
Und weiters möchte ich an Wettkämpfen verschiedener Sportarten teilnehmen. Deshalb habe ich mich für die Halbdistanz beim Vienna City Marathon (VCM), dem 8. Apfelland Schwimm-Marathon (3,8km) und - als Hauptziel - den Triathlon über die Olympische Distanz in Podersdorf angemeldet. Wenn mich das nicht motiviert, weiß ich auch nicht mehr weiter!
Wie wirst du dafür trainieren?
Möglichst wenig und das effektiv! 😊 Neben meinem Job habe ich nicht viel Zeit und bin wohl auch ein bisschen faul geworden (lacht).
Grundsätzlich muss ich erst einmal mehr Fokus auf meine Lauffähigkeiten legen, da der VCM schon naht und ich leider dem Klischee eines schlechtlaufenden Schwimmers entspreche. Somit wird man mich nicht sehr oft im Schwimmbad antreffen, auch wenn ich schon sehr gespannt auf den „Erstkontakt“ mit meinem alten Lieblingselement bin. Ich bin seit dem Sommer 2017 sicherlich weniger geschwommen als in einer Trainingswoche als Profi. Das wird sich sicherlich auswirken. Ich werde mich wohl wie der erste Mensch im Wasser fühlen.
Natürlich werde ich viel an meiner Stabilität und Rumpfkraft arbeiten, das lässt sich auch schnell am Morgen vor der Arbeit erledigen, sowie Ergometer fahren. Mein Ziel ist es aber, 1x die Woche ins Wasser zu kommen und dann so früh wie möglich ins Freiwasser zu gehen. Aber eines sage ich gleich- ich bin sicherlich kein Eisschwimmer (lacht).
Trotz Limitationen bin ich zuversichtlich, dass ich beim 8. Apfelland Schwimm-Marathon eine akzeptable Zeit schwimmen werde. Um noch eine weitere Motivationssäule zu bilden, biete ich auch meinen Teilnehmer/innen von Openwaterchamps eine Wette an. Mein Geschäftspartner Niko Dittrich und ich erstatten allen Teilnehmenden, die mich über die 3,8km schlagen können, € 100,- der Kursgebühr zurück! Frauen bekommen dazu einen Bonus von maximal 5:00 Minuten. Sowas motiviert mich ungemein, besonders, da ich momentan so schlecht beieinander bin und aber dann doch noch gerne gewinne (lacht).
Du sagtest, du bietest Schwimmcamps - die Openwaterchamps - an, unter anderem beim diesjährigen Apfelland Schwimm-Marathon. Wie genau wird das aussehen?
Genau. Ich veranstalte mit Niko Dittrich, vierfacher Staatsmeister im Schwimmen, seit 2017 regelmäßig Schwimmcamps (www.openwaterchamps.at) und wir haben beide sehr viel Spaß daran. Für mich war das immer ein kleines Bindeglied zu meiner Schwimmkarriere, mit dem positiven Zusatz, dass ich mein Wissen weitergeben darf.
Heuer haben wir uns etwas Neues überlegt und legen ein Schwimmcamp auf ein Wettkampfwochenende. Ich habe oft erlebt, dass Hobbysportler/innen oftmals total verunsichert an den Start gehen und ihnen niemand gezeigt hat, worauf es bei einem Freiwasserrennen ankommt. Ich denke, dass ich ihnen mit meiner Erfahrung sehr gut helfen kann. Niko, Vereinstrainer und Sportwissenschaftsstudent, ergänzt mich dazu wunderbar.
Wir wollen vom 10-12. Mai möglichst viel Wissen an unsere Teilnehmer/innen vermitteln. Deswegen treffen wir uns bereits am Vortag und gehen die Rennstrecke und den Wettkampfablauf genau durch, um die nötige Sicherheit zu vermitteln. Am Samstag werden wir die Teilnehmer/innen coachen und ich werde - wie bereits erwähnt - selber an den Start gehen und vorzeigen, wie ich mich als Profi vorbereitet habe. Damit zeigen wir, dass wir nicht irgendein theoretisches Blabla lehren. Wir geben die in mehr als 30 Open Water Wettkämpfen auf hochkompetitiven internationalen Leistungsniveau (Europa- und Weltcup, EM, WM) gesammelte Erfahrung gezielt weiter. Am Sonntag nehmen wir uns noch einen Tag Zeit, um weitere Inhalte wie Sogschwimmen, Orientierung etc. zu trainieren, damit das Wochenende optimal genützt wird.
Wie blickst du der neuen Open Water Saison entgegen?
Ich denke, das wird ein guter Start in die Open Water Saison und ich bin topmotiviert, meine Wette zu gewinnen, selbst wenn wir unser Wissen bereits an unsere Campteilnehmer/innen VOR dem Wettkampf weitergeben (lacht).
Na, hoffentlich stellt sich das nicht als taktischer Fehler heraus! Lieber Matthias, vielen Dank für das Interview. Unsere Leser/innen erfahren hoffentlich bald, wie du mit deinem Training vorankommst und erhalten den einen oder anderen Tipp!
Auf jeden Fall! Sehr gerne.
Artikel: Gottfried Eisenberger & Julia Wlasak
Bilder: Copyright OpenWaterChamps.at
Comments