Eventbericht und Gespräch mit dem Veranstalter
von Sarah Schiepe
Über die Entstehung des Swimruns ist bereits an vielen Stellen geschrieben worden. Für alle, an denen diese schöne Idee bisher völlig vorbeigingen ist, in aller Kürze: Es handelt sich um eine Kombination aus Freiwasserschwimmen und Cross-Lauf in Zweierteams. Erfunden in Schweden und das – wie die Legende sagt – im Rahmen einer Kneipenwette unter Freunden. Schwimm- und Laufetappen finden im Wechsel statt, es wird im Neopren gelaufen und in Schuhen geschwommen. Die Partner sind durch eine Leine verbunden, mehr als 10 Meter können und dürfen sie sich nicht voneinander entfernen. Schwimmhilfen wie Paddles und Pullbuoy sind gestattet, allerdings muss die Ausrüstung auch wieder mit ins Ziel genommen werden. Im Herkunftsland Schweden hat diese Sportart längst den Rang eines Volkssportes inne – ebenso wie der Orientierungslauf, der hierzulande nicht ganz so populär ist. Zumindest was den Swimrun betrifft, stehen die Chancen gut, dass sich dies bald ändern wird. Die Eventreihe SwimRun Urban Challenge der Veranstalter Florian Skiba und Swen Klußmeier möchte den Sport fester in Deutschland verankern. Sie suchen Locations, die aus den Ballungsgebieten gut erreichbar sind und bieten unterschiedliche Streckenformte und ein vereinfachtes Regelwerk an. Gestartet mit ursprünglich drei Events, gab es 2018 immerhin schon acht über ganz Deutschland verteilte Locations.
Mittlerweile habe ich selber an drei solcher Wettkämpfe der SwimRun Urban Challenge Serie teilgenommen – und muss sagen, dass diese Kombination eine ganz andere Herausforderung bedeutet, als die beiden Disziplinen einzeln oder hintereinander zu bestreiten. Bewegungsschemata und Atmung sind bei den beiden Disziplinen völlig unterschiedlich und man sollte seinen Körper gut kennen, um zu wissen, wie er auf die Wechsel und die damit verbundenen Temperaturunterschiede reagiert. Wer sich vor dem kühlen Wasser durch einen langen Neo zu schützen weiß, muss so im schlimmsten Fall spätestens ab Laufkilometer vier mit Hitzewallungen kämpfen. Dass beim Schwimmen Hilfsmittel verwendet werden dürfen, ist für langjährige Schwimmer neu und ungewohnt – und auch das Schwimmen in den Laufschuhen in etwas, an das man sich gewöhnen muss – obwohl es aus meiner Sicht einfacher ist, als gedacht.
Nachdem ich schon öfters am Unterbacher See zum „USee Schwimmen“ angetreten war, entschied ich mich spontan, die SwimRun-Qualitäten der Location zu testen. Mein dritter SwimRun – dachte ich also – Zeit, mal was Neues auszuprobieren. Bisher war ich immer ohne Hilfsmittel gestartet, da ich nicht gerne mit Paddles schwimme und im Training fand, dass die Laufschuhe bei meiner im Grunde soliden Wasserlage ausreichend Auftrieb gaben. Diesmal deckte ich mich professionell ein. Zunächst bestellte ich mir neue Fingerpaddles, nachdem meine alten an irgendeinem Beckenrand liegen geblieben waren. Gegen eine kleine Leihgebühr sicherte ich mir einen SwimRun Neopren: vorne schnell zu öffnen gegen den Hitzestau, mit abnehmbaren Armstulpen und kurzen Beinen. Also Kälteschutz im Wasser und möglichst viel Luft an der Haut beim Laufen. Zudem schaffte ich mir eine Pullbouy mit Gummihalterung an. Diese sollte dazu dienen, das Hilfsmittel während der Laufeinheiten bequem am Oberschenkel zu fixieren. Das war alles schon mal ein strategischer Fehler – ohne Training mit neuem Equipment an den Start zu gehen, kann böse enden. Aber ich setzte später beim Material sogar noch einen drauf.
Eine weitere Neuerung: spontaner Start in einem Zweierteam. Eigentlich sieht das Original-Regelwerk das ja auch so vor. So tat ich mich mit Silke Schäfer zusammen, mit der ich mich in der selben Gruppe auf Facebook tummelte. Wir kannten uns vorher nicht persönlich, hatten noch nie zusammen trainiert und konnten deshalb nur erahnen, wie gut wir nun auf der Leistungsebene zusammenpassten. Strategisch auch nicht besonders schlau, aber der Spaßfaktor steht ja ganz klar im Vordergrund. Vorsichtshalber verzichteten wir darauf, uns mit einer Leine zu verbinden. Das war – anders als im Original-Regelwerk – hier keine Pflicht.
Am Wettkampftag war bezüglich der Gegebenheiten alles perfekt – der Jahreszeit entsprechend bereits herbstlich, aber die Sonne schien und wärmte. Das Wasser war mit ca. 19 °C nicht zu kalt. Ich fand Silke ohne Probleme auf dem Gelände. Dann mein spontaner Gedanke: Hatte nicht meine Brille in letzter Zeit immer auf der rechten Seite ein bisschen Wasser eingelassen? Hatte mich das nicht unglaublich gestört? Also erstand ich vor Ort eine neue Brille, die sich vermeintlich besonders toll ansaugte. Dann stellte ich fest, dass die Pullbouy beim Laufen immer herunterrutschte. Also zückte ich den Geldbeutel erneut und kaufte ich auch noch eine entsprechende Halterung, um sie per Gurt an der Hüfte zu fixieren. Die Ganze Materialschlacht sollte ich bitter bereuen – finanziell, aber auch im Rennen: die Brille lief auf den ersten Schwimmetappen immer wieder voll, was bei mir eine leichte Freiwasser-Panik auflöste und mir die Orientierung verdarb. Das machte mich langsam, viel langsamer als gewohnt. Silke musste also nach jeder Schwimmetappe auch mich warten. Umgekehrt fiel ihr das Laufen schwerer als sonst, so dass wir und immer wieder neu zusammenfinden mussten. Eine musste immer warten, aber so ist das nun mal in einem Team. Dennoch hatten wir Spaß an der Sache. Die Stimmung bei dieser Eventreihe ist generell immer sehr entspannt. Alle machen das Ganze mehr oder weniger zum Spaß und um mal was Neues zu probieren. Durch die gute Orga läuft alles sehr flüssig und unaufgeregt.
Aber zurück zum Rennen: Die Paddles nervten mich mittlerweile und brachten gefühlt keinen Vorteil, also ließ ich sie irgendwann unterwegs zurück. Die Pullbouy störte mich beim Schwimmen ebenso wie beim Laufen – sie bommelte trotz des Gurtes um meinen Körper herum. Als wir im Streckenverlauf noch mal in der Nähe des Startbereiches vorbeikamen, platzierte ich sie dort – in der Hoffnung, sie später wieder einsammeln zu können. Vergeblich leider.
So kämpften wir uns durch den Streckenverlauf und es war das erste Mal, dass ich mich nicht wie verrückt auf die Schwimmetappen freute, obwohl die Brille irgendwann ein Einsehen mit mir hatte und sich besser festsaugte. Die mit sechs Kilometern längste Laufstrecke fühlte sich an, wie ein Halbmarathon. Dennoch hopsten wir am Ende gemeinsam und wohlbehalten über die Ziellinie. Immerhin wurden wir mit einem dritten Platz bei den Damenteams belohnt. Dass es auch nicht allzu viele Damenteams gab – das tat der Freunde keinen Abbruch.
Ein wirklich schönes und gelungenes Event also! Während des Rennens fragte ich mich immer wieder, wie viel Arbeit und Aufwand hinter der Orga und der ganzen Streckenplanung für so eine Veranstaltung stecken mochte. Schließlich gilt es, gleichermaßen Strecken zu Land und zu Wasser zu finden, zu vermessen und zu markieren. Das inklusive aller Kleinigkeiten, die so ein Event ausmachen, vor allem den behördlichen Erfordernissen. Und auch noch nebenberuflich! Aus meiner Sicht eine reife Leistung der beiden Veranstalter Florian Skiba und Swen Klußmeier.
Das Interview mit dem Veranstalter Swen Klußmeier
Mit Swen hatte ich diese Woche das Vergnügen, ein kleines Interview halten zu dürfen, das ich euch nicht vorenthalten will. Auf die Punkte Organisation und Aufwand bin ich dabei besonders eingegangen.
Am Sonntag feiert ihr in Berlin den Saisonabschluss. Wagt ihr schon ein Resümee für 2018? Was waren bisher die Rückmeldungen der Teilnehmer?
Wir gehen mit einem sehr guten Gefühl in die letzte Runde! Immer wieder hören wir, dass sich unsere Begeisterung für diesen Sport im gesamten Event widerspiegelt. Auch die familiär-professionelle Atmosphäre wird betont. Das freut uns zu hören und es ist auch immer wieder ein Ansporn, um weiter zu machen und am besten noch „einen drauf zu setzen“. Immerhin haben wir uns von ursprünglich drei auf mittlerweile acht Events gesteigert. Da wir die Orga neben unseren eigentlichen Jobs erledigen, haben wir gut zu tun – die positive Resonanz der insgesamt dieses Jahr über 1.000 Teilnehmer motiviert jedoch enorm. Das macht einfach Spaß – Spaß den man wohl auch nach außen hin merkt. Natürlich geht es auch darum, sportliche Leistung zu bringen und sich zu beweisen – aber das Gemeinschafts- und Naturerlebnis steht ganz klar im Vordergrund. Daher bieten wir auch mehrere Streckenvarianten an. Die kürzeren Distanzen werden gerne von den Sportlern angenommen, die einmal „hineinschnuppern“ und sich ausprobieren wollen. Traditionell startet man ja in Zweierteams. Teamgeist ist also auch ein wichtiger Faktor, obwohl auch der Einzelstart möglich ist.In Essen haben wir zusätzlich noch eine reine Laufstrecke angeboten. Das kam mit insgesamt 200 Teilnehmern ebenfalls sehr gut an.
Woher nehmt ihr die Ideen für neue Locations?
Das ist ganz unterschiedlich: Manche Örtlichkeiten kennen wir durch Familie und Freunde, andere haben wir selbst schon im Rahmen von Reisen oder Triathlon-Events kennen gelernt. Unser Konzept ist es, Orte zu finden, die ein schönes Naturerlebnis bieten und sich gleichzeitig im Umfeld von urbanen Zentren befinden. Ideal ist es auch, wenn wir für den Start- und Zielbereich einen Ort mit Infrastruktur – Toiletten, Umkleiden, eventuell Duschen und natürlich Elektrizität – zur Verfügung haben. Das war z.B. auch in Duisburg der Fall – dort ist sogar der Sportpark Wedau von sich aus an uns herangetreten und hat sich als Veranstaltungsort angeboten.
Wie groß ist euer Team?
Für ein reines Hobbyprojekt ist der Aufwand natürlich hoch. Wir haben ein Kernteam von 5-6 Leuten aus unserem persönlichen Umfeld, die uns unterstützen. Am Eventtag selber sind neben den Ordnungs- und Rettungsdiensten noch einmal bis zu 30 Helfer am Start. Aber auch im Vorfeld gibt es schon sehr viel zu tun. Neben der Planung der Strecke gilt, es Sponsoren zu finden und zu betreuen, die Zeitnahme zu organisieren und T-Shirts, Caps und die Bibs – also die Spezial-Trikots, die jeder Teilnehmer trägt – zu produzieren. Und gibt es natürlich noch den Bereich Kommunikation und PR – da braucht es z.B. Gestaltsjob wie die Veranstaltungslogos, eine Website, die sozialen Medien und klassische Öffentlichkeitsarbeit. Natürlich wird man mit jedem Event etwas routinierter. Aber den Grundstein zu einer neuen Location zu legen, ist immer viel Aufwand.
Wie funktioniert die Streckenplanung?
Wenn wir eine gute Location gefunden haben, nehmen wir uns zunächst mal das Kartenwerk vor. Wir suchen nach schönen Laufstrecken, optimalen Ein- und Ausstiegen in die Gewässer und vermeiden, allzu sehr mit dem Straßenverkehr in Berührung zu kommen. Jeder Eingriff in die Verkehrslenkung bedeutet Planungsaufwand. Danach fahren wir die Strecke mit dem Rad ab und prüfen die Gegebenheiten vor Ort. Wenn die Streckenführung grundlegend steht, treten wir an die Behörden heran, um die Genehmigung zu beantragen.
Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit ihr die Veranstaltung durchführen dürft?Wir müssen Sicherheitskonzepte sowohl für die Strecken an Land, als auch zu Wasser erarbeiten. Dabei unterstützen uns natürlich die entsprechenden Dienste, z.B. die DLRG und Sanitätsdienste. Die Konzepte müssen von der Feuerwehr abgenommen werden. Wenn wir in den Straßenverkehr eingreifen, müssen wir das mit dem Amt für Verkehrslenkung abklären. Wie immer, wenn man es mit Behörden zu tun hat, kann das sehr langwierig und mühevoll sein. Zudem gibt es natürlich noch weitere Beteiligte: Anwohner, Naturschützer, Grundstücksbesitzer. Mit allen müssen wir sprechen und auch deren Belange berücksichtigen. Das ist natürlich immer ein Balanceakt, da es viele unterschiedliche Interessen gibt. Nicht zuletzt brauchen wir als Veranstalter eine entsprechende Haftpflichtversicherung.
Wie bereitet ihr die Strecke vor?
Die Laufstrecken markieren wir mit Bodenpfeilen und Beschilderungen, teilweise spannen wir Flatterband und stellen Streckenposten auf. Die Schwimmstrecken sind etwas komplizierter. Hier setzen wir Bojen, um die Strecke zu markieren. Wir haben einen Grundbestand an eigenen Bojen, sollten die nicht reichen leihen wir uns vor Ort noch weitere aus. Beim Verteilen der Bojen unterstützen uns die jeweiligen Wasserrettungsdienste. Nicht immer ist es ganz leicht, zu gewährleisten, dass die Bojen an Ort und Stelle bleiben, da sie bei Wind durch ihre große Fläche trotz Gewichten abgetrieben werden können. Meist nutzen wir den Tag vor dem Event, um die Strecke zu markieren.
Gibt es schon Pläne für 2019? Haupt ihr schon weitere Neuerungen im Kopf?
2019 werden wir erst einmal keine neuen Events hinzunehmen, sondern konsolidieren und die derzeitigen Teilnehmerzahlen weiter erhöhen. Langfristig haben wir natürlich Größeres im Blick. Da darf man gespannt sein. Wir sprechen zudem gerade mit anderen Veranstaltern von SwimRun-Events. Stichwort: Deutsche Meisterschaften.
Wie viel Potenzial seht ihr in Deutschland für den SwimRun?
Eine Menge! Das Interesse wächst zusehends. Wir schätzen, dass wir hier eine ähnliche Größenordnung wie beim Triathlon-Trend erleben werden.
Artikel: Sarah Schiepe
Fotos: Copyright by Fotograf Christian Siedler und SwimRun Urban Challenge
Weiterführende Links:
Hier geht es zur Website der SwimRun Urban Challenge
Comments