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„Wie tausend Nadelstiche“

Ultraschwimmerin Conny Prasser liebt nicht nur lange, sondern auch kalte Strecken



Sich durch die Liste von Conny Prassers sportlichen Erfolgen zu lesen, nimmt etwas Zeit in Anspruch. Extreme Strecken wie die Fehmarnbelt-Querung (Luftlinie 21km, meist strömungsbedingt mehr) und die doppelte Bodensee-Breitenquerung (22km) sind dort ebenso zu finden, wie der Altersklassenweltrekord im Eisschwimmen (1000m in 16:56 Minuten) und der Sieg beim Ice-Cup 2016/2017. Neben ihrem anspruchsvollen Beruf als Dipl.-Kauffrau und Dipl.-Rechtspflegerin (FH) stellt sich die Moritzburgerin regelmäßig neuen körperlichen Herausforderungen. Wir hatten die Möglichkeit, Conny ein paar Fragen zum Eisschwimmen zu stellen.


1.) Auf deiner Website kann man lesen, dass du ursprünglich im Bereich Triathlon gestartet bist. Gab es ein Schlüsselerlebnis, das dich dazu gebracht hat, dich komplett auf das Langstreckenschwimmen zu verlagern?

Nachdem ich mich 2015 zum zweiten Mal auf die Challenge Roth (Ironman-Distanz) intensiv vorbereitet und viele Trainingsstunden allein auf dem Rad und zu Fuß absolviert habe, ich mich im Wettkampf dann aber doch wieder über mehr als 13 Stunden bis ins Ziel gequält habe, habe ich beschlossen, nur noch das zu tun, was mir Spaß macht und worin ich gut bin – schwimmen. Mittlerweile habe ich als Ausgleich auch wieder die Lust am Laufen entdeckt und auch schon einen kleinen SwimRun mitgemacht, was mir riesig gefallen hat. Das werde ich – neben dem Langstrecken- und Eisschwimmen – auch in Zukunft noch häufiger mitmachen.


2.) Was hat dich letztendlich zum Eisschwimmen gebracht und was fasziniert dich daran?

Ich hatte 2015 einen kleinen Film auf Facebook über die German Open gesehen und fand das von Anfang an total spannend. Das wollte ich unbedingt auch mal probieren. Ich habe dann ein paar Camps mitgemacht, mir Tipps von den „Profis“ geholt und Anfang 2016 gleich bei den 2. German Open mitgemacht. Mich reizt es dabei – ähnlich auch wie beim Triathlon – Grenzen auszutesten und die Reaktion des Körpers auf das kalte Wasser zu spüren. Es ist toll zu sehen, wozu der Körper in der Lage ist, wenn der Kopf es nur will!


3.) Wie sieht dein Trainingsalltag aus?

Zurzeit schwimme ich zweimal pro Woche im kalten und 3-4 mal pro Woche im warmen Wasser, wobei die Warmwassereinheiten meist nur 60-120 min betragen, so dass ich sie gut in den Arbeitsalltag integrieren kann. Zudem gehe ich noch jeden zweiten Tag morgens für ein paar Minuten in meine Eistonne, um mich an die Kälte zu gewöhnen.

Im Frühjahr/Sommer werden die Pooleinheiten wieder länger und es kommen natürlich Openwater-Einheiten hinzu. Letztere kann ich leider nur am Wochenende absolvieren, aber das ist ausreichend. Dazu laufe ich derzeit nach Lust und Laune 1-2 mal pro Woche. Stabi- und Krafttraining nimmt ebenfalls einen wichtigen Teil des Trainings ein.

4.) Gefühlt zieht der Triathlon-Trend das Openwater- und Langstreckenschwimmen mit und hilft dabei, es größer und bekannter zu machen. Denkst du, dass auch das Eisschwimmen noch Potenzial hat, eine große Anhängerschaft zu finden?

Nun, dass Triathleten vermehrt an Openwater-Schwimmen teilnehmen, liegt ja vor allem daran, dass beim Openwater-Schwimmen oft Neopren erlaubt bzw. sogar vorgeschrieben ist. Ich selbst halte diese Entwicklung nicht für gut. Wenn man im Freiwasser nicht ohne Neopren schwimmen kann, dann sollte man es besser lassen. Das hat dann nichts mehr mit Schwimmen zu tun. Um konkurrenzfähig zu bleiben, muss man dann als guter Schwimmer auch einen Neopren im Wettkampf tragen, was wirklich unangenehm sein kann, wenn die Wassertemperaturen über 20 Grad liegen. Glücklicherweise werden in Österreich vermehrt Bewerbe angeboten, wo es eine separate Nicht-Neopren-Wertung gibt. In Deutschland gibt es so etwas leider sehr selten.

Die Eisschwimmszene wächst natürlich auch weiter – das sieht man ja an den Teilnehmerzahlen bei Bewerben. Ich selbst habe auch schon einige Freunde neu vom Eisschwimmen begeistern können. Aber es wird mit Sicherheit eine kleine Randsportart bleiben.

5.) Wie kann sich der interessierte Anfänger am besten näher informieren oder das Eisschwimmen auch einmal ausprobieren?

Interessierte Anfänger sollten sich an erfahrene Eisschwimmer wenden, um Tipps zu erhalten. Ich selbst bekomme auch regelmäßig Anfragen per Email oder über die Sozialen Medien. Es werden auch einige Camps angeboten, in denen Anfänger langsam ans Eisschwimmen herangeführt werden. Auf keinen Fall sollten Anfänger allein ins kalte Wasser gehen! Mittlerweile gibt es fast überall Eisschwimm-Gruppen, denen Neueinsteiger sich bei den ersten Versuchen anschließen sollten.


6.) Mit welchen körperlichen Reaktionen muss man am Anfang rechnen? Wie gelingt es, nach und nach längere Strecken zurück zu legen?


Natürlich schreit der Körper beim ersten Mal danach, sofort wieder aus dem Wasser raus zu wollen. Eventuell bekommt man Schnappatmung oder man hyperventiliert sogar. Dann muss man versuchen, langsam und tief zu atmen – normalerweise bessert es sich schon nach wenigen Sekunden. Das kalte Wasser fühlt sich an wie tausend Nadelstiche (das ändert sich übrigens auch nicht durch regelmäßiges Training). Diese Schmerzen muss man einfach aushalten, sie gehen nach 2-3 min wieder weg. Auf dem Kopf sollte man unbedingt eine (gute) Badekappe und eine Schwimmbrille tragen – nur so sollte man den Kopf beim Schwimmen unter Wasser nehmen, was bei den ersten Versuchen auch große Überwindung kosten wird. Normal ist auch, dass die Hände und Füße irgendwann taub werden. Ab ca. 10 min werden auch die übrigen Muskeln hart, man kann die Arme nicht so bewegen, wie man gern möchte. Durch Training routiniert man dann diese Abläufe, man kann die Schmerzen immer besser in den Griff bekommen bzw. ignorieren. Und irgendwann schwimmt man dann sogar 1.000m oder mehr ;-) Spätestens aber wenn man Orientierungsschwierigkeiten bekommt, sollte man das Wasser umgehend verlassen.

7.) Hast du allgemeine Tipps für Einsteiger?

Wichtig ist – wie schon gesagt – niemals allein ins Wasser gehen. Wenn es gar nicht anders möglich ist, sollte zumindest jemand an Land Aufsicht führen, der im Notfall eingreifen und/oder Hilfe rufen kann. Im offenen Gewässer sollte man auch nie ohne Schwimmboje schwimmen. Bei Krämpfen oder anderen Problemen kann man sich daran festhalten und man wird auch weitaus besser gesehen als ohne Boje. Mit Herz-Kreislauf-Problemen sollte man ganz auf das Eisschwimmen verzichten. Wer auf „Nummer Sicher“ gehen will, sollte sich vorher ärztlich abchecken lassen.

8.) Was ist für dich persönlich die nächste große Herausforderung, der du dich stellen willst?


Gute Frage… Die genauen Planungen für 2019 sind noch nicht abgeschlossen. Im Winter schwimme ich natürlich einige Bewerbe des Ice Cups mit. Ab März beginnt dann die Vorbereitung für den Sommer, wo ich mich auf ein-zwei größere Querungen konzentrieren werde (Einzelschwimmen, keine Bewerbe). Wenn es die Vorbereitung zulässt, nehme ich aber auch wieder an ein paar Openwater- und im Herbst dann an SwimRun-Events teil.

 


Mehr über Conny erfahrt ihr hier:

 

Artikel: Sarah Schiepe

Bilder: Copyright by Conny Prasser





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